Norwegens Wirtschaft befindet sich derzeit in einer Phase langsamen Wachstums, was auf eine Kombination aus globalen wirtschaftlichen Unsicherheiten und internen Herausforderungen zurückzuführen ist. Die Inflation, die in den letzten Jahren ein zentrales Thema war, hat sich nach einem Höhepunkt im Jahr 2022 allmählich abgeschwächt, bleibt aber über dem Zielwert von 2 %. Diese Entwicklung hat die Norges Bank veranlasst, eine straffe Geldpolitik beizubehalten, wobei der Leitzins in Norwegen aktuell bei 4,5 % liegt.
Die steigenden Lebenshaltungskosten, insbesondere durch höhere Energiepreise und importierte Waren, haben den Druck auf Haushalte und Unternehmen erhöht. Trotz einer Verlangsamung der Inflation sind die Preise für viele Güter und Dienstleistungen weiterhin hoch, was das Verbrauchervertrauen und die Ausgaben dämpft. Der Arbeitsmarkt zeigt jedoch relative Stabilität, obwohl die Beschäftigungswachstumsrate in einigen Sektoren nachlässt.
Ein weiterer Faktor, der die wirtschaftliche Lage beeinflusst, ist die Schwäche der norwegischen Krone. Dies hat zwar den Exportsektor unterstützt, indem norwegische Waren international wettbewerbsfähiger wurden, gleichzeitig aber auch die Importkosten erhöht. Und trägt danit zur Inflationsdynamik bei. Für die Zentralbank bedeutet das erhebliche Herausforderungen, ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaftswachstum und Preisstabilität zu finden.
Aktueller Leitzinssatz in Norwegen = 4,50%
Übernacht-Tagesgeldsatz: 5,50 %
Reservesatz: 3,50 %
Inhaltsverzeichnis
Die Leitzinsen in Norwegen aktuell und Entwicklung
Aktuell beträgt der Leitzins in Norwegen 4,50%, der höchst Stand seit der Sitzung am 17. Dezember 2008. Die Zinsentwicklung war seit der Jahrtausendwende durchaus dynamisch, wie aus der Abbildung 1 hervorgeht.
Abb. 1: Verlauf des Leitzins in Norwegen 2000 – 2024. Quelle: norges-bank.no
Die Entwicklung der Leitzinsen in Norwegen über den Zeitraum von 2000 bis 2024 zeichnet ein detailliertes Bild der geldpolitischen Reaktionen auf verschiedene wirtschaftliche Herausforderungen und Konjunkturzyklen. Zu Beginn des beobachteten Zeitraums, im Jahr 2000, befanden sich die Leitzinsen auf einem relativ hohen Niveau von 5,75 %, was durch eine straffere Geldpolitik bedingt war, um Inflationstendenzen einzudämmen. Im Laufe des Jahres 2000 stiegen die Zinsen weiter auf 7 %, um die wirtschaftliche Überhitzung zu bekämpfen.
Die Zinspolitik blieb bis Ende 2001 straff, bevor eine allmähliche Lockerung einsetzte, die sich in den folgenden Jahren fortsetzte. Insbesondere ab 2003 zeigte sich eine deutliche Senkung der Zinsen, die bis auf 1,75 % im Jahr 2004 zurückging. Diese Maßnahmen spiegelten die Reaktion auf eine sich abschwächende Konjunktur und die Notwendigkeit wider, das Wirtschaftswachstum zu stützen.
Die folgende Periode bis 2007 war durch eine allmähliche Normalisierung der Zinssätze geprägt, die schrittweise auf 5,75 % im Jahr 2008 erhöht wurden. Dies geschah in einem Umfeld, in dem die Wirtschaft Anzeichen von Erholung zeigte und inflationäre Risiken erneut in den Vordergrund traten.
Der Verlauf nach Finanzkrise von 2008
Die Finanzkrise von 2008 führte zu einer drastischen Kehrtwende in der Geldpolitik. Die Zinssätze wurden schnell und signifikant gesenkt, um die Wirtschaft zu stützen, was in einem Tiefpunkt von 0,5 % im Jahr 2016 mündete. Dieser Zinssatz blieb über mehrere Jahre stabil, was die langanhaltenden Herausforderungen einer schwachen globalen Konjunktur und niedriger Inflation widerspiegelt.
Ab 2018 setzte eine allmähliche Straffung der Geldpolitik ein, beginnend mit einer Anhebung auf 0,75 %. Diese Straffung beschleunigte sich nach der COVID-19-Pandemie, als die norwegische Wirtschaft Anzeichen von Erholung zeigte. Die Zinssätze stiegen bis Ende 2023 auf 4,5 %, was die Notwendigkeit widerspiegelt, Inflationstendenzen entgegenzuwirken, die durch die Erholung der globalen Wirtschaft und Lieferkettenstörungen verursacht wurden.
Prognose 2024 – 2026
Die zukünftige Entwicklung der Leitzinsen in Norwegen wird maßgeblich von der Inflation und der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig sein.
Wo sehen Markteilnehmer die Leitzinsen in Norwegen in den nächsten Monaten? In der Tabelle 2 ist die Vorhersage der ING angegeben
Tab. 2: Prognose für den Leitzins in Norwegen 2024, 2025 und 2026 (Stand 14.08.2023). Quelle: ing.com
Quartal Jahr | 3Q 2024 | 4Q 2024 | 1Q 2025 | 2Q 2025 | 3Q 2025 | 4Q 2025 | 4Q 2026 |
Leitzins in % | 4,25 | 4,00 | 3,75 | 3,50 | 3,50 | 3,50 | 3,50 |
Die Leitzinsprognosen der ING für Norwegen deuten auf eine vorsichtige und stufenweise Lockerung der Geldpolitik in den kommenden Jahren hin. Der aktuelle Zinssatz von 4,5% spiegelt eine Phase wirtschaftlicher Straffung wider, die darauf abzielt, Inflation und andere wirtschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.
Für das dritte Quartal 2024 wird eine moderate Reduzierung des Zinssatzes auf 4,25% prognostiziert. Dies signalisiert einen ersten Schritt in Richtung einer lockereren Geldpolitik, die darauf abzielt, das Wirtschaftswachstum zu fördern und gleichzeitig die Inflation unter Kontrolle zu halten.
Im vierten Quartal 2024 soll der Leitzins weiter auf 4,00% sinken. Diese fortgesetzte Senkung zeigt das Vertrauen der Zentralbank in eine stabilere wirtschaftliche Lage und eine beherrschbare Inflation.
Für das erste Quartal 2025 wird ein weiterer Rückgang auf 3,75% erwartet, gefolgt von einer Senkung auf 3,50% im zweiten Quartal 2025. Diese Anpassungen reflektieren eine allmähliche Verbesserung der wirtschaftlichen Bedingungen und eine Annäherung an ein langfristig nachhaltiges Zinsniveau. Dies führt dazu, dass die Prognose zum Euro NOK Kurs bei den meisten Banken positiv ist.
2025 und Folgejahr
Interessanterweise bleibt der Zinssatz ab dem dritten Quartal 2025 konstant bei 3,50% bis zum vierten Quartal 2026. Diese Stabilität deutet darauf hin, dass die Zentralbank eine Phase der Konsolidierung und Abwägung erreicht hat, in der weitere Zinssenkungen nicht notwendig erscheinen. Ein konstanter Zinssatz von 3,50% signalisiert ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Unterstützung des Wirtschaftswachstums und der Aufrechterhaltung der Preisstabilität.
Insgesamt verdeutlichen diese Prognosen einen schrittweisen Ansatz zur Normalisierung der Geldpolitik, wobei das Ziel verfolgt wird, ein stabiles und wachsendes wirtschaftliches Umfeld zu gewährleisten.
Unabhängig bei den Leitzinsen? Jein!
Obwohl Norwegen seine eigenen Leitzinsen unabhängig von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank (Fed) festlegt, spielen deren Entscheidungen eine wichtige Rolle bei den Überlegungen der Norges Bank. Da Norwegen eine offene Volkswirtschaft ist, beeinflussen globale wirtschaftliche Entwicklungen, einschließlich Zinssatzentscheidungen großer Zentralbanken wie der EZB und der Fed, die norwegische Wirtschaft erheblich. Eine Erhöhung der Zinssätze in der Eurozone oder den USA kann beispielsweise den Kapitalfluss beeinflussen und den Wechselkurs der norwegischen Krone beeinflussen, was wiederum Auswirkungen auf die norwegische Inflation und die Wirtschaft insgesamt hat.
Die Norges Bank berücksichtigt diese globalen Faktoren, um sicherzustellen, dass ihre eigene Geldpolitik im Einklang mit den globalen wirtschaftlichen Bedingungen steht. Wenn die EZB oder die Fed ihre Zinssätze deutlich anheben, könnte dies Druck auf die Norges Bank ausüben, ihre Zinsen ebenfalls zu erhöhen, um Kapitalabflüsse zu verhindern und die Stabilität der Krone zu sichern. Umgekehrt könnte eine Lockerung der Geldpolitik in der Eurozone oder den USA dazu führen, dass die Norges Bank weniger strenge Maßnahmen ergreifen muss.
Die Entscheidungen über die EZB Leitzins Entwicklung oder die der Fed Zinsen setzen also wichtige Rahmenbedingungen für die geldpolitischen Entscheidungen in Norwegen, auch wenn die Norges Bank letztlich die Autonomie behält, ihre Zinssätze unabhängig festzulegen.
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