Umstritten aber keine Partei traut sich an eine Änderung

Bei der Einkommensteuer gemeinsam veranlagte Ehepartner und eingetragene Lebenspartner können das Ehegattensplitting anwenden, um Steuern zu sparen. Durch das Splittingverfahren wird das zu versteuernde Einkommen eines Paares gleichmäßig auf beide Ehepartner verteilt, sodass eine Versteuerung als Gemeinschaft und nicht als Einzelverdiener erfolgt. Das Splitting lohnt sich vor allem für Paare, bei denen ein Partner erheblich mehr verdient als der andere Ehegatte. Um das Splittingverfahren anzuwenden, müssen die Steuerzahler bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Lesen Sie mehr zum Thema #ehegattensplitting in diesem Ratgeber.

Die Geschichte: Warum wurde das Splitting eingeführt?

Die Einführung des Steuersplittings erfolgte am 18. Juli 1958. Seither hat sich die gesetzliche Regelung kaum verändert. Lediglich am 7. Mai 2013 beschloss der Gesetzgeber, dass das Splittingverfahren nicht nur von Ehepaaren, sondern auch von eingetragenen Lebenspartnern genutzt werden darf.

Schon seit dem preußischen Einkommensteuergesetz aus dem Jahr 1891 werden die Einkommen von Ehemann und Ehefrau zur Berechnung der Einkommensteuer zusammengezählt. Während das doppelte Einkommen zunächst kaum steuerliche Folgen hatte, zahlten Ehepaare nach Einführung der progressiven Einkommensteuer im Jahr 1920 für das gemeinsame Einkommen höhere Steuern, als wenn jedes Einkommen einzeln versteuert würde. Daher wurden die Einkünfte der Ehefrau ab dem Jahr 1925 getrennt versteuert, sofern sie in einem anderen Betrieb arbeitete als ihr Ehemann. Wenn beide Ehegatten bei demselben Arbeitgeber beschäftigt waren oder die Ehefrau als Selbstständige tätig war, wurden die Einkommen jedoch weiterhin zusammen veranlagt und unterlagen damit einer höheren Einkommensteuer. Der Volksmund sprach daher von einer Ehestrafsteuer.

Ab Beginn der 1950er Jahre wurde die Strafsteuer immer wieder diskutiert, ohne jedoch geändert zu werden. Erst durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die höhere Einkommensteuer für Ehepaare für unvereinbar mit Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes hielt, sah sich die Bundesregierung zu einer Neuregelung gezwungen und führte das Ehegattensplitting ein. Die Kritik hält aber bis heute an, da das Splittingverfahren vor allem Arbeitnehmer mit einem hohen Einkommen begünstigt und die Kinder der Steuerzahler nicht berücksichtigt.

 

Welche Voraussetzungen müssen Ehepaare erfüllen?

Damit Ehegatten von den Steuervorteilen profitieren können, müssen sie diese Voraussetzungen erfüllen:

  • standesamtlich verheiratet
  • unbeschränkt einkommensteuerpflichtig
  • nicht dauernd getrennt lebend

Für das Finanzamt zählt nur das Datum der standesamtlichen Trauung, das in der Steuererklärung angegeben werden muss. Eine kirchliche oder freie Trauung ist nicht von Belang. Das genaue Datum der Eheschließung spielt bei der Gewährung des Ehegattensplittings keine Rolle. Wenn die Steuerpflichtigen am 31.12. heiraten, können sie für das komplette zurückliegende Jahr das Splittingverfahren für ihre Einkommensteuer in Anspruch nehmen.

Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der BRD. Wenn die Einkünfte zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen, können auch Personen mit einem ausländischen Wohnsitz auf Antrag für unbeschränkt einkommensteuerpflichtig erklärt werden.

Um als nicht dauernd getrennt lebend zu gelten, müssen die Partner nicht zwingend über eine gemeinsame Wohnadresse verfügen. Auch bei getrennten Wohnungen gelten Ehepaare als nicht dauernd getrennt. Dieser Ausdruck bezieht nur auf Paare, die ihre Ehe auflösen möchten und bei denen das Trennungsjahr abgelaufen ist. Im Jahr der Trennung dürfen die Steuerzahler noch das Ehegattensplitting in Anspruch nehmen. Nach Ablauf des Trennungsjahres wird jeder Partner einzeln steuerlich veranlagt, selbst wenn es noch nicht zur Scheidung gekommen ist. Der Fiskus erkennt jedoch an, wenn das Paar nach mehr als einem getrennten Jahr einen nachweisbaren Versöhnungsversuch unternimmt. In diesem Fall darf das Splitting auch in der ersten Steuererklärung nach dem Trennungsjahr angewandt werden.

Verstirbt ein Ehepartner, können Witwe oder Witwer das Witwensplitting für das Todesjahr und für das Kalenderjahr, das dem Todesjahr des Ehepartners folgt, nutzen.

Veranlagungsarten

Bei der Einkommensteuererklärung können die Steuerpflichtigen je nach persönlicher Situation aus bis zu vier Varianten wählen:

  • Zusammenveranlagung mit Ehegattensplitting
  • Einzelveranlagung mit Grundtarif
  • Einzelveranlagung mit Witwensplitting
  • Sondersplitting im Trennungsjahr vor der Scheidung

Eine gesonderte Beantragung des Splittingverfahrens ist nicht notwendig. Sobald ein Ehepaar in der Einkommensteuererklärung ankreuzt, dass es gemeinsam veranlagt werden möchte, wendet der Finanzbeamte bei der Berechnung der Einkommensteuer das Splittingverfahren an. Damit sich der Verfahren steuerlich lohnt, muss jedoch ein Ehepartner Alleinverdiener sein oder deutlich mehr verdienen als der andere Ehegatte. Wenn beide Ehegatten etwa dasselbe Gehalt bekommen, hat das Splitting keine Auswirkungen auf die Steuerlast.

Wie wirkt sich das Splittingverfahren steuerlich aus?

Die Paragrafen 26 b und 32 a Einkommensteuergesetz (EStG) regeln die Anwendung des Ehegattensplittings. Dazu werden die Einkommen der beiden Ehepartner zusammenaddiert und anschließend durch zwei geteilt. Für den berechneten Betrag wird die Einkommensteuer ermittelt und anschließend mit zwei multipliziert. Dass sich durch diese Berechnung ein Steuervorteil ergibt, liegt an der Steuerprogression der deutschen Einkommensteuer. Je höher das Einkommen ausfällt, umso höhere Steuern muss der Arbeitnehmer zahlen. Dabei steigt die Steuerbelastung nicht linear an, sondern abhängig von der Höhe des zu versteuernden Einkommens.

Um die möglichen Steuervorteile zu berechnen, können die Arbeitnehmer verschiedene Rechner im Internet nutzen. Dazu muss jedoch zunächst das zu versteuernde Einkommen ermittelt werden, das von dem Bruttoeinkommen abweicht. Eine Gegenüberstellung der Steuerlast eines einzeln veranlagten ledigen Arbeitnehmers und eines Ehepaares, dessen gemeinsames Jahreseinkommen genauso hoch ausfällt wie das Einkommen des Alleinstehenden, zeigt deutliche Unterschiede in der Höhe der Einkommensteuer.

Beispiel

So zahlt zum Beispiel ein lediger Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen von 40.000 Euro 8.766 Euro Einkommensteuer. Ein verheirateter Alleinverdiener mit demselben Einkommen hingegen profitiert von dem Splittingverfahren, das ihm eine Steuerersparnis von 3.726 Euro für das Jahr 2017 einbringt. Das liegt daran, dass das Einkommen des verheirateten Arbeitnehmers mit dem Einkommen der Ehefrau in Höhe von 0,00 Euro addiert und anschließend durch zwei dividiert wird. Dadurch ergibt sich eine Berechnung der Einkommensteuer für lediglich 20.000,00 Euro, die durch die Steuerprogression nur 2.520 Euro beträgt. Dieser Betrag wird mit zwei multipliziert und ergibt somit eine Steuerlast von 5.040,00 Euro für das Ehepaar. Die Beträge steigen überproportional an, je mehr Geld die Steuerpflichtigen verdienen.

Regelmäßig ein Wahlkampfthema

Da das Ehegattensplitting durch die Steuerprogression besonders gutverdienenden Steuerzahlern nützt, beschäftigen sich die Parteien vor allem in den Wahljahren regelmäßig mit diesem Thema. Im aktuellen Wahlkampf im Jahr 2017 nehmen die Politiker wie folgt Stellung zum Splittingverfahren:

CDU: das bewährte Ehegattensplitting wird beibehalten, aber Kinderfreibetrag und Kindergeld werden erhöht (Flugblatt vom 03.07.2017)

SPD: neues Familiensplitting zur Förderung von Kindern und Abschaffung des alten Ehegattensplittings (Anträge zum außerordentlichen Bundesparteitag 2017 unter https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Bundesparteitag/SPD_Antragsbuch_2017.pdf)

Die Linke: Abschaffung des Splittingverfahrens und Einführung eines übertragbaren Grundfreibetrags zwischen Ehegatten (Themenpapiere der Fraktion unter https://www.linksfraktion.de/themen/a-z/detailansicht/ehegattensplitting/)

Bündnis 90 / Die Grünen: Abschaffung des Ehegattensplittings und Einzelveranlagung beider Ehepartner nach Lohnsteuerklasse I. Gegebenenfalls Übertrag eines Pauschalbetrages für den Unterhalt des Geringverdieners (Faltblatt 16/57)

CSU: hält „ohne Wenn und Aber“ am Splittingverfahren fest (Artikel vom 03.07.2017 unter http://www.csu.de/aktuell/meldungen/juli-2017/fundgrube-fuer-wohlstand-und-sicherheit/)

Neben der Ungerechtigkeit, dass von dem Splitting vor allem Gutverdiener profitieren, bemängeln viele Politiker, dass Kinder bei der Berechnung keine Rolle spielen. Bei dem derzeitigen Verfahren verfügt eine verheiratete Arbeitnehmerin ohne Kinder über ein höheres Einkommen nach Steuern als eine alleinerziehende Mutter mit demselben Einkommen.