Vom 1. November 2011 bis 2019 war der italienische Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Mario Draghi Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Der Sitz der Europäischen Zentralbank befindet sich in Frankfurt am Main. Mario Draghi war der Nachfolger des Franzosen Jean-Claude Trichet, der die EZB von 2003 bis 2011 leitete. Da die EZB erst im Jahr 1998 gegründet wurde, gab es zuvor nur zwei Präsidenten der Bank. Der erste Präsident war der niederländische Ökonom und Politiker Wim Duisenberg von 1998 – 2003. Es folgte Jean-Claude Trichet von 2003 – 2011. Die Amtszeit des jeweiligen Präsidenten beträgt acht Jahre, eine Wiederwahl ist ausgeschlossen.
Entsprechend endete die Amtszeit von Mario Draghi im Oktober 2019. Nachfolgerin ist Christine Lagarde. Die berühmte Rede von Dragi 2012 in der dieser Satz vorkam: „whatever it takes“ ging in die Geschichte ein, weil damit die hochnervösen Finanzmärkte beruhigt wurden.

Der Lebenslauf von Mario Draghi

Der Geburtsort von Mario Draghi ist die italienische Hauptstadt Rom. Er wurde am 3. September 1947 als Sohn eines hohen Beamten der italienischen Zentralbank geboren. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der römischen Universität La Sapienza wechselte Mario Draghi im Jahr 1971 an das Massachusetts Institute of Technology (MIT). Nachdem Mario Draghi im Jahr 1976 am MIT zum Doctor of Philosophy (Ph. D.) promovierte, lehrte er einige Jahre als Professor an der Universität in Florenz und an der Harvard University.

In den Jahren 2004 bis 2005 war Mario Draghi als Vizepräsent bei der Investmentbank Goldman Sachs in London tätig. Von 2006 bis 2011 leitete Mario Draghi die italienische Zentralbank Banca d’Italia. Der Präsident der Notenbank Italiens wird als deren Gouverneur bezeichnet. Das Amt als Gouverneur legte Mario Draghi im Jahr 2011 nieder, als er vom Europäischen Rat zum neuen Präsidenten der EZB bestimmt wurde. Einige Äußerungen Mario Draghis zur europäischen Geldpolitik stießen bei Finanzfachleuten auf Widerstand und Kritik. Auch die Reden des amtierenden Präsidenten der EZB werden zum Teil sehr kontrovers diskutiert und stark kritisiert.

 

Die EZB unter der Leitung von Mario Draghi

Als Mario Draghi die Leitung der Europäischen Zentralbank im November 2011 übernahm, hatte die internationale Finanzkrise, die im August 2007 begann, schon viele Opfer gefordert. Was bis dahin kaum jemand für möglich gehalten hatte, die Insolvenz einer renommierten Großbank oder sogar eines ganzen Staates, hatte sich bereits ereignet. Doch vor allem die südeuropäischen Staaten wie Portugal, Spanien und auch Italien, das Heimatland Mario Draghis, haben sich bis heute wirtschaftlich noch lange nicht erholt. Daher hat Mario Draghi als Präsident der EZB einige umstrittene Maßnahmen ergriffen, um die Krise zu beenden.

Zu diesen Maßnahmen zählt vor allem die mehrfache Senkung des Leitzinses, also des Zinssatzes, zu dem sich Kreditinstitute Geld bei der EZB leihen können, wodurch dann auch die Zinsen für Tagesgeld und Festgeld in Deutschland sanken. Am 13. Juli 2011 hatte die EZB den Leitzins noch von 1,25 % auf 1,5 % angehoben. Wie auf der Internetseite der EZB unter zu sehen ist, verändert sich der Leitzins (Hauptrefinanzierungssatz) nach dem Amtsantritt Mario Draghis wie folgt:

  • am 09.11.2011: Senkung auf 1,25 %
  • am 14.12.2011: Senkung auf 1,00 %
  • am 11.07.2012: Senkung auf 0,75 %
  • am 08.05.2013: Senkung auf 0,50 %
  • am 13.11.2013: Senkung auf 0,25 %
  • am 11.06.2014: Senkung auf 0,15 %

 

Gleichzeitig sank auch der Zinssatz für Geldanlagen der Banken bei der EZB, bis dass am 11.06.2014 erstmals ein Minuszinssatz festgesetzt wurde. Das bedeutet, dass die Kreditinstitute einen Strafzins von 0,1 % als Einlagefazilität zahlen müssen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Mit diesen Maßnahmen möchte Mario Draghi bewirken, dass die europäischen Banken und Sparkassen mehr Kredite an Unternehmen und an Privatpersonen vergeben, um die Konjunktur zu beleben. Die Maßnahmen des Präsidenten der EZB stoßen jedoch zum Teil auf erhebliche Kritik seitens der Finanzwelt und auch der Politik.

„Whatever it takes“ Mario Draghis Rede beeinflusste die Finanzwelt

Bedingt durch die weltweite Wirtschaftskrise stellten einige Finanzexperten im Jahr 2012 auch die Zukunft des Euro infrage. In seiner hier nachzulesenden Rede auf einer Investmentkonferenz im London am 26. Juli 2012 sagte Mario Draghi zu diesem Thema den entscheidenden Satz „Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough (Innerhalb ihres Mandats ist die Europäische Zentralbank bereit, zu tun, was immer auch nötig ist, um den Euro zu retten. Und glauben Sie mir, es wird genug sein.)“ Diese wenigen Worte genügten, um die aufkommende Panik an den Finanzmärkten zu unterdrücken und einen Aufwärtstrend in ganz Europa einzuleiten. Der Kurs des Euro stieg umgehend, ebenso wie die Aktienkurse an den Börsen.

Es kommen immer wieder Gerüchte auf, dass Mario Draghi Staatspräsident Italiens werden könnte und somit seine Amtszeit bei der EZB nicht über die volle Zeit von acht Jahren ausüben wird. Inzwischen hat er dieses Ziel erreicht. (Allerdingd widersprach Mario Draghi jedoch diesen Gerüchten und bestätigt, weiter bei der EZB tätig zu bleiben.) Gleichzeitig erwähnte der Präsident der Europäischen Zentralbank, dass der EZB-Rat in Zukunft weitere unkonventionelle Maßnahmen ergreifen wird, um ein Absinken von Investitionen, Preisen oder Nachfrage (Deflation) in ganz Europa zu verhindern. Die EZB hat eine Zielmarke von knapp unter 2% für die Inflationsrate, um die Geldstabilität zu wahren.

Und hier noch die Rede von Mario Draghi auf der IX. Ludwig-Erhard-Lecture.

Kritik

Einer der größten Kritiker der aktuellen Geldpolitik der EZB und damit Mario Draghis ist der Ökonom und Leiter des ifo Instituts für Wirtschaftsförderung, Professor Hans-Werner Sinn. Professor Sinn kritisiert im ifo Standpunkt Nr. 157 vor allem das sogenannte „quantitative Easing“, also die quantitative Lockerung zum Aufkauf großer Mengen an privaten und staatlichen Wertpapieren durch die EZB, wodurch vor allem die Wirtschaft Südeuropas profitieren soll. Auch die erneute Senkung des Leitzinses und die Einführung von Strafzinsen für Geldanlagen der Kreditinstitute bei der EZB stoßen sowohl bei den Aktienstrategen und Volkswirten der Banken wie auch bei Politikern auf heftige Kritik. Dies ist zum Beispiel in der Pressemitteilung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag unter zu sehen. Experten befürchten durch den niedrigen Leitzins Preisblasen an den Börsen oder am Immobilienmarkt. Durch die Finanzspritzen der EZB und durch die günstigen Darlehen werden nach Meinung der Ökonomen außerdem Krisenstaaten mit ausreichend Kapital versorgt, sodass der Druck zum Schuldenabbau sinkt und langfristig keine Besserung erzielt wird.

 

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